Erfahrungen der Hausarztpraxis MZ Brugg mit CardioFlex

Ein Erfahrungsbericht von Dr. med. Isabelle Fuss

Im Juni 2019 hörte ich erstmals vom zeitlich flexiblen Langzeit-EKG CardioFlex der Firma evismo. Während der Präsentation fielen mir einige Situationen ein, in denen ich mir so ein Tool gewünscht hätte. Das Angebot zusätzlicher Untersuchungen will gut überlegt sein. Da die Vorteile deutlich überwogen, entschieden wir uns, CardioFlex anzuwenden.


Autor Dr. med. Isabelle Fuss
Worum geht es bei CardioFlex?
Das zeitlich flexible Langzeit-EKG, welches keine Anschaffungs- oder Unterhaltskosten für die Praxis verursacht, ermöglicht die Aufnahme eines Langzeit-EKG bis zu 30 Tage. Das verwendete Gerät ist klein und handlich, mit hohem Tragekomfort für Patientinnen. Sport und Duschen sind problemlos möglich. Die zur Kommunikation mit evismo verwendete Plattform ist einfach in der Anwendung und die Untersuchung wird durch die Grundversicherung bis zu einer Dauer von zehn Tagen vergütet (Referenz 1).

Untersuchungsablauf
Nach Indikationsstellung durch die Ärztin erfasst die MPA die Patientin inkl. der maximalen Tragedauer im geschützten Onlineportal von evismo. Die MPA legt das Gerät an und instruiert die Patientin. Das EKG wird täglich durch evismo-Kardiologen geprüft. Kann die Diagnose vor
Ablauf der Tragedauer gestellt werden, wird die Patientin informiert. Spätestens drei Arbeitstage nach Ablauf der Messung steht der Analysebericht im Portal zur Verfügung. Dieser stellt übersichtlich verschiedene Parameter dar und listet in wenigen Zeilen die relevanten Befunde sowie deren Beurteilung. evismo bietet drei Trage-Varianten: eine mit Patch und je eine mit drei oder fünf Elektroden (eine oder drei Ableitungen). Die Variante mit den drei Elektroden hat sich für uns als die praktikabelste erwiesen. Tarmed deckt bis zu zehn Tage aus der Grundversicherung. Die Praxis verrechnet An- und Ablegen des EKG (wie beim Holter) sowie die Arztkonsultation nach Tarmed. Die Kardiologen von evismo verrechnen die Auswertung und Beurteilung (ebenfalls nach Tarmed). Falls eine längere Untersuchung indiziert ist, muss eine Kostengutsprache eingeholt werden.

Chancen für unsere Gesundheitsversorgung
Für das heutige Gesundheitssystem müssen neue Lösungen gesucht und gefunden werden. Eine der Optionen zur Verbesserung der Situation sehe ich im technischen Fortschritt bzw. spezifisch eben im CardioFlex. Bei Palpitationen kann eine bis zu vier Wochen dauernde Untersuchung mit CardioFlex die Diagnose in 70 – 85% der Fälle stellen, im Gegensatz zu 10 –15% mit dem Holter-EKG während 24 – 48 Stunden. Bei Synkopen (15 – 25 % anstelle 1 – 5 %) oder bei der Suche nach VHF (15 – 25 % anstelle 1– 5 %) bei kryptogenen CVI (10 –15 %anstelle 1 – 5 %) ist der Unterschied weniger deutlich, aber klar signifikant. Zum Vergleich kann beim iplantierbaren LoopRecorder bis zu 36 Monaten die Diagnose in 80 – 90 % gestellt werden bei Palpitationen, zu 30 – 50 % bei Synkopen bzw. zu 15 – 20 % bei VHF als Ursache für kryptogenen CVI (Referenz 2). Die persönliche Beziehung und somit das Vertrauen zwischen Patientin und Ärztin spricht für die hausärztliche EKG-Diagnostik. Wir entscheiden gemeinsam, wie viel Diagnostik nötig ist und diese kann dann ohne weitere Verzögerung und mit kurzen Wegen durchgeführt werden. Wenn eine spezialärztliche Zuweisung noch nötig ist, skann die Dringlichkeit besser eingchätzt werden. Die Spezialistin erhält bei der Anmeldung bereits relevante Informationen.

Eine Auswahl an Untersuchungen in der Hausarztpraxis Brugg

In den letzten Monaten haben wir eine grosse Auswahl an Untersuchungen
gemacht. Vom 62-jährigen Patienten, der wegen Palpitationen seit drei bis vier Monaten abgeklärt wurde, über eine 45-jährige Patientin mit regelmässigem Alkoholkonsum, die über Tachykardien klagte, bis zu einer 25-jährigen Patientin mit St.n. Peri-/Myokarditis,die einige Wochen nach Abklingen der Entzündung erneut an druckartigen
Thoraxschmerzen und intermittieren dem Herzrasen litt. Für die Patientinnen wurden Diagnosen gestellt, Rhythmusstörungen ausgeschlossen oder Zuweisungen veranlasst.


Fazit
Auch wenn ich persönlich nicht allen technischen Entwicklungen gegenüber positiv eingestellt bin, hoffe ich doch, dass neue Geräte und Programme wie CardioFlex die Qualität in der Hausarztmedizin weiter verbessern. Meine Vision (bzw. auch die Vision der JHAS, Referenz 3) ist eine qualitativ hochstehende Hausarztmedizin, welche gemeinsam mit Spezialistinnen und anderen Dienstleistern im Gesundheitsbereich unserePatientinnen zu bezahlbaren Preise optimal versorgt.CardioFlex ist für Hausärztinnen undKardiologinnen ein interessantes Tool zur Beantwortung häufiger Fragestellungen. Spezialärztliche Untersuchungen sind teilweise nicht mehr nötig oder können gezielter und rascher erfolgen. Das Risiko von Komplikationen wegen Behandlungsverzögerungen sinkt, was v.a. Patientinnen und deren Angehörigen zugutekommt. Um die Vorteile des Tools effektiv nutzen zu können, lohnt sich der initiale Zeitaufwand auf jeden Fall. Bei uns war die Nachfrage so gross, dass wir bereits nach wenigen Wochen weitere Geräte bestellten, da die Wartezeiten zu lange wurden.

Indikationen

Intermittierendes Vorhofflimmern
Unklare Palpitationen
Stumme Ischämien*
Kontrolle antiarrythmische Therapie
Synkopen/Präsynkopen/Schwindel
Kardiopathien*
Herzinsuffizienz
Unklare Dyspnoe/ Thoraxschmerzen*
Überwachung des Herzrhythmus nach Myokardinfarkt

*wobei bei Frage nach ST-Streckenveränderungen idealerweise fünf Elektroden verwendet werden

Autor Dr. med. Isabelle Fuss
(Aus Gründen der Lesbarkeit wird die weibliche Form gewählt, es sind natürlich immer beide Geschlechter gemeint)

Referenzen:
evismo
2 Steinberg et al, 2017 ISHNE-HRS, expert consensus statement on ambulatory ECG and external cardiac monitoring/ telemetry
3 JHaS

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